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Forensik IV

Die Abteilung für Forensische Psychiatrie IV besteht aus zwei Untereinheiten. Zum einen handelt es sich um eine Spezialeinheit für alkoholabhängige, gemäß § 64 StGB untergebrachte Maßregelvollzugspatienten mit 54 Betten, zum anderen um eine Spezialeinheit mit 38 Betten für gemäß § 64 StGB untergebrachte Maßregelvollzugspatienten mit Abhängigkeitserkrankungen von illegalen Drogen. Bestandteil dieses Behandlungsbereiches sind auch zwei Stationen, bei denen der Schwerpunkt auf der Behandlung komorbider Störungen liegt.

Die Behandlung und Förderung der Patienten in beiden Abteilungsteilen basiert auf einer psychodynamischen und phänomenologischen Grundorientierung mit besonderen Schwerpunkten im Bereich mentalisierungsgestützter Therapie (MBT, Fonagy et al.), intersubjektiver Psychoanalyse, Selbstpsychologie, Embodiment-Perspektive und phänomenologischer Anthropologie. Integriert in ein psychodynamisches Gesamtkonzept werden auch Techniken aus den Bereichen kognitive Verhaltenstherapie einschließlich DBT (Dialektisch-Behaviorale-Therapie), Schematherapie, positive Verhaltensunterstützung, Rückfallpräventionstraining und weitere komplementäre Co-Therapien angewendet, insbesondere handlungsbezogene und auf das intersubjektive Feld und das implizite Gedächtnis bezogene Behandlungsverfahren (Kunst-, Drama-, Musik- und Tanztherapie, Bewegungs- und Sporttherapie, Ergotherapie, Arbeitstherapie sowie Milieu- und Soziotherapie).

Bei der Suchterkrankung handelt es sich um multidimensionale, biopsychosoziale Störungsbilder, die eine gute und abgestimmte interdisziplinäre Zusammenarbeit eines multiprofessionellen Behandlungsteams erfordern, wobei die Bezugspflege Dreh- und Angelpunkt in der therapeutischen Gemeinschaft ist. Die Abteilung hat den Auftrag, Patienten, die im Rahmen einer erheblichen Substanzmittelmissbrauchsproblematik und Abhängigkeitserkrankung Straftaten begangen haben und aufgrund dessen im Maßregelvollzug gemäß § 64 StGB untergebracht wurden, zu behandeln. Neben den Suchterkrankungen weist die Patientenklientel auch weitere und häufig zusätzliche anderweitige psychische Erkrankungen auf, was mit dem Fachbegriff Komorbidität bezeichnet wird.

Im Rahmen der angebotenen Therapiemaßnahmen wird das multifaktorielle Bedingungsgefüge der Suchtproblematik vor dem Hintergrund der individuellen Lebensentwicklung therapeutisch im multiprofessionellen Team bearbeitet. Grundlage der Behandlung und Förderung ist das Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft.

Das Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft beruht auf psychoanalytischen und sozialpsychiatrischen Grundlagen. Die psychotherapeutischen Prozesse entwickeln sich aus verschiedenen Konfigurationen des gesamten dynamischen Feldes der therapeutischen Gemeinschaft. Die Interaktionsmatrix in der therapeutischen Gemeinschaft stellt daher ein Beispiel für das ursprüngliche krankmachende Netzwerk in der ursprünglichen Keim- oder Primärgruppe dar und zeigt daher in der therapeutischen Gemeinschaft eine Übertragungssituation auf verschiedene Mitglieder, die im Hier und Jetzt bearbeitet wird. In der therapeutischen Gemeinschaft erfolgt eine Reflexion des Geschehens im Hier und Jetzt und damit eine Mentalisierungsförderung und ein Prozess des sozialen Lernens. Das zentrale Element des therapeutischen Prozesses ist das Leben in der Gruppe. Neben der zentralen Bedeutung der Arbeit an Übertragungsphänomenen in der Gruppe sind die Übernahme von Verantwortung, das Erlernen/Üben gewaltfreier Konfliktbewältigung, die Arbeit an Frustrationstoleranz und Kompromissfähigkeit sowie ein auch achtsamkeitsbasiertes Rückfallpräventionstraining ebenfalls wesentlich.

Der psychodynamische Prozess beginnt mit dem Erkennen des emotionalen Erlebens und endet bei der mentalisierten Affektivität, was bedeutet „sich der eigenen Affekte bewusst zu sein und den Affektzustand gleichzeitig aufrecht zu erhalten" (Fonagy et al). Diese Form des Mentalisierens ist für die Regulation der Affekte von großer Bedeutung. Die Suchtmittelproblematik wie auch die Delinquenz sind eng mit Problemen in der Affektregulation verbunden. Die therapeutische Gemeinschaft ist integriert in ein multidisziplinäres und multimodales Gesamtbehandlungskonzept, wobei die Co-Therapien (Kreativtherapie, Sport- und Bewegungstherapie, Ergotherapie, Arbeitstherapie), die schulische Ausbildung mit der Möglichkeit beruflicher Weiterentwicklung sowie der Kontaktaufbau zu - und die Teilnahme an - Selbsthilfegruppen einen besonderen Stellenwert haben.

Neben dem Therapieauftrag hat der Maßregelvollzug einen Sicherungsauftrag. Im Vordergrund steht die innere Sicherung durch Beziehungsaufbau, zusätzlich sind insbesondere in den frühen Phasen der Therapie auch entsprechende externe Sicherungsmaßnahmen erforderlich. Mit zunehmendem Therapiefortschritt nehmen die Sicherungsmaßnahmen einen sukzessiv abnehmenden Stellenwert ein. Der Patient erhält die Lockerungen, die ihm vom therapeutischen Fortschritt und vom Gefährlichkeitsassessment her zustehen. Hintergrund ist hier ein präziser Stufenplan.

Pflege

Der Pflege- und Erziehungsdienst ist ein elementarer und damit wichtiger Bestandteil des Behandlungskonzeptes der Abteilung Forensische Psychiatrie IV. Die Pflegemaßnahmen orientieren sich an aktuellen pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen und den Vorgaben des Beauftragten für den Maßregelvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen. Das Leitbild der LVR-Klinik Bedburg-Hau stellt dabei einen verbindlichen Orientierungsrahmen dar.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflege- und Erziehungsdienstes begleiten die Patienten bei der individuellen Auseinandersetzung mit der Erkrankung sowie deren Auswirkungen auf den Alltag. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, bedarf es einer professionellen Beziehungsarbeit auf Grundlage des Bezugspflegesystems. Um unter Wahrung der professionellen Distanz eine vertrauensvolle Beziehungsarbeit gewährleisten zu können und die Reflexionsfähigkeit zu unterstützen, nutzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflege- und Erziehungsdienstes Möglichkeiten der Fallbesprechungen, Angebote regelmäßiger Supervisionen und die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen.

Der Pflege- und Erziehungsdienst übernimmt in der forensisch psychiatrischen Pflege neben der Sicherung der Patienten auch sozio- und milieutherapeutische Aufgaben und unterstützt die Patienten in lebenspraktischen Bereichen. Häufig sind die pflegerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die ersten Ansprechpartner für die Patienten, zum Teil auch Vermittler zwischen den Patienten und den Mitgliedern der am Behandlungsprozess beteiligten Berufsgruppen. Darüber hinaus haben sie die Aufgabe, Regeln und Erfordernisse in der Alltagspraxis zu vertreten und dem Patienten verständlich zu machen. Die Patienten werden von den pflegerischen Teammitgliedern aktiv an der Gestaltung des Alltags auf der Station beteiligt. Zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung auf den Stationen ist auf die Einhaltung der Haus- und Stationsordnung zu achten, sie stellen den Rahmen für die Milieugestaltung dar.

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